Google und die GEMA haben sich endlich über einen Vertrag geeinigt, der die zukünftigen Gebühren für Inhalte auf YouTube regelt! Diese Nachricht ging diese Woche nicht nur durch die Tech-Welt, sondern durch die gesamte Presse. Immerhin über sieben Jahre lang währte der Rechtsstreit zwischen den Unternehmen. Jetzt ist er Geschichte. Das verspricht nun endlich Musikvideos ohne Grenzen, auch das Premium-Abo-Modell YouTube Red könnte folgerichtig hierzulande bald starten. Ich werfe heute einen Blick zurück auf die Geschichte des Rechtsstreits und präsentiere euch die Meilensteine dieses modernen Dramas in sechs Akten.
2009: Das Drama beginnt

Der alte Lizenzvertrag zwischen Google beziehungsweise YouTube und der GEMA läuft aus, über neue Vertragsbedingungen können sich beide Parteien nicht einigen. Ab dem 05. März 2009 werden zahlreiche Musikvideos auf dem Videoportal per IP-Adresse gesperrt. Das ist vor allem für technisch weniger versierte Menschen extrem ärgerlich. Alle anderen lösen das Problem einfach per VPN.
2011: Anonymous greift die GEMA an

Gleich zweimal ist die Homepage der GEMA 2011 das Ziel von Internet-Angriffen durch das Anonymous-Kollektiv. Die Aktivisten wollen damit ihren Vorwurf unterstreichen, dass die Verwertungsgesellschaft übertriebene Forderungen an Google stelle. Beim ersten Angriff im Juni wird lediglich der Server der Website per DoS-Attacke lahmgelegt, im August greifen Hacker die Seite direkt an und leiten Besucher auf eine Grafik um, die den Rechtsstreit mit YouTube humoristisch verarbeitet. Außerdem stiehlt Anonymous beim zweiten Angriff zahlreiche Benutzernamen und dazugehörige Passwörter und veröffentlicht diese im Anschluss auf Twitter.
2012: In Hamburg wird ein Urteil gefällt

Im April gibt das Landgericht Hamburg der GEMA im Streit gegen YouTube Recht und ordnet die Löschung von sieben urheberrechtlich geschützten Videos an. Daraufhin legt die GEMA Berufung ein, da Gespräche mit Google, die auf das Urteil folgen, erfolglos bleiben. Auch YouTube geht in Berufung: Das Videoportal befürchtet, dass der „Einsatz von Filtern Innovationen und Meinungsfreiheit im Internet beeinträchtigen“ würde. Der Rechtsstreit führt dazu, dass das 2012 unglaublich erfolgreiche Musikvideo zum weltweiten Hit Gangnam Style des koreanischen Rappers Psy in Deutschland nicht im Original angeschaut werden kann, zumindest nicht ohne den Umweg über ein VPN.
2013: Die Konkurrenz schläft nicht

Ende 2013 einigt sich die GEMA mit dem Verband Privater Rundfunk und Telemedien über einen Vertrag zur Abgeltung von Lizenzgebühren für Musikvideos auf den Plattformen der Mitglieder. Zum Verband gehören unter anderem YouTube-Konkurrenten wie MyVideo oder Clipfish. Google gerät dadurch weiter unter Druck, endlich zu einer Einigung mit der Verwertungsgesellschaft zu kommen, um seinen Wettbewerbern durch den Rechtsstreit keinen unnötigen Vorteil zu verschaffen, denn die können nun die durch die GEMA geschützten Werke problemlos und ohne Einschränkungen auf ihren Plattformen zeigen.
2014/15: YouTube bekommt was auf die Mütze

Bereits 2013 mahnt die GEMA YouTube wegen der Sperrtafeln auf dem Videoportal ab. Grund dafür ist die umstrittene Formulierung, die diese Sperren trugen: „Leider ist dieses Video in Deutschland nicht verfügbar, da es Musik enthalten könnte, für die die GEMA die erforderlichen Musikrechte nicht eingeräumt hat. Das tut uns leid.“ Dieser Satz erweckt den Eindruck, die Verwertungsgesellschaft sei an allem Schuld, weil sie Rechte nicht einräumen will, die sie problemlos einräumen könnte. Das Münchner Landgericht sieht das im Februar 2014 genauso und gibt der GEMA Recht. Im Urteil heißt es, der gewählte Wortlaut sei irreführend und anschwärzend. Das Oberlandesgericht München bestätigt das Urteil im Mai 2015 in zweiter Instanz, woraufhin Google die Formulierung ändern muss. Die Sperrtafeln tragen von nun an den Text „Dieses Video ist in Deutschland leider nicht verfügbar, da es Musik enthalten könnte, über deren Verwendung wir uns mit der GEMA bisher nicht einigen konnten. Das tut uns leid.“
2016: Es geschehen noch Zeichen und Wunder

Am 01. November 2016 dann die große und völlig unerwartete Überraschung: YouTube und die GEMA einigen sich auf einen neuen Lizenzvertrag, Google zahlt rückwirkend ab 2009 alle anfallenden Gebühren und die unbeliebten Sperrtafeln, die jahrelang das Videoportal in Deutschland geprägt haben, gehören großteils der Vergangenheit an. Von nun an haben hierzulande alle Nutzer den vollen Zugriff auf Musikstücke von Künstlern, die der GEMA angeschlossen sind. Der siebeneinhalbjährige Rechtsstreit zwischen den beiden zerstrittenen Parteien nimmt endlich ein Ende. Fragt sich nur, wie lange? Immerhin gab es vor 2009 auch schon eine Lizenzvereinbarung und Verträge dieser Art laufen nicht auf unbestimmte Zeit, sondern müssen alle paar Jahre neu verhandelt werden.
Freut ihr auch so sehr darüber, dass der Rechtsstreit endlich beigelegt wurde und die nervigen Sperrtafeln nun deutlich seltener sind?